Mittelrhein - Ist der Bau von Windkraftanlagen in den Rahmenbereichen des Mittelrheintals mit dem Welterbestatus verträglich? Diese Frage ist nicht neu, aber auch noch lange nicht geklärt.
Von unserer Redakteurin Karin Kring
Im Gegenteil: Der Streit geht weiter. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) wird ein Raumordnungsverfahren einleiten, die Prüfung auf Welterbeverträglichkeit wird dabei großen Raum einnehmen, teilte die SGD am Montag unserer Zeitung mit.
Mit "Verwunderung und Unverständnis" reagierte gestern VG-Bürgermeister Werner Groß auf diese Nachricht. Nicht nur, dass die VG Loreley über unsere Zeitung von diesem Plan der SGD erfahre, "auch inhaltlich finden die Aussagen der SGD nicht die Zustimmung der Verbandsgemeindeverwaltung Loreley und ihrer Ortsgemeinden", sagt Groß in einer ersten Stellungnahme.
Kompromisslösung angestrebt
Rückblick: Nach dem Ministerratsbeschluss vom Herbst, Windkraftanlagen in den Rahmengebieten des Welterbes nicht zuzulassen, suchte man einen Lösungsweg. In einem Gespräch am 6. Dezember zwischen Staatssekretär Walter Schumacher, Landrat Günter Kern, VG-Bürgermeister Werner Groß und SGD-Präsident Ulrich Kleemann ging es darum, einen gemeinsam getragenen Kompromiss zu finden, der gegenüber der Unesco vertreten werden kann.
"Aber auch damit allein", so macht jetzt die SGD noch einmal deutlich, "ist eine Zustimmung der Unesco noch nicht sichergestellt, zumal Vertreter des Internationalen Rates für Denkmalpflege (Icomos) sich bereits sehr kritisch geäußert haben." Als Voraussetzung eines möglichen Kompromisses wurde festgehalten, dass ein Solidarpakt aller Loreleygemeinden vorliegen muss.
Ein Solidarpakt, der möglicherweise auch einen zentralen Windpark am Rande des Welterbetals bedeuten könnte, von dem alle Loreley-Gemeinden profitieren. Dieser ist nicht zustande gekommen: Der Gemeinderat Dachsenhausen lehnte den Pakt trotz Einlenkungsversuchen von Ortsbürgermeister Dietmar Wohlgemuth mit großer Mehrheit ab, Lierschied konnte so nicht zustimmen, im Gemeinderat Dahlheim steht die Entscheidung immer noch aus.
Die Fronten sind verhärtet. Die Loreleygemeinden wollen an ihren Plänen festhalten, erwarten mit den Einnahmen aus der Windkraft große Chancen für teilweise strukturschwache Orte. Und nach wie vor sehen VG-Chef Groß und etliche seiner Ortsbürgermeisterkollegen weder den Ministerratsbeschluss noch die Gründung des Solidarpaktes als bindend an.
Ortsbürgermeister Frank Kalkofen, der zehn Windräder in der Gemarkung Kamp-Bornhofen bauen möchte, ist der Meinung, dass es für beides keine Rechtsgrundlage gibt. "Der Ministerratsbeschluss ist lediglich eine Empfehlung und kein Gesetz", sagt er und kündigt an: "Wir werden die Planungen fortführen."
Den Solidarpakt sieht VG-Bürgermeister Groß keineswegs als gescheitert an, der könne auch zustande kommen, wenn nicht alle Gemeinden dabei sind. Ganz anders urteilt die Behörde: "Wenn diejenigen Gemeinden sich nicht an dem Solidarpakt beteiligen, in denen eine Windkraftplanung beabsichtigt ist, greift dieser Pakt ins Leere", heißt es von der Pressestelle der SGD. Dies ist mit dem Nein aus Dachsenhausen der Fall.
Sichtachsenstudie einbeziehen
Die Planungen im Rahmenbereich des Welterbes seien auch unabhängig vom Ministerratsbeschluss mit der Unesco abzustimmen. Und dabei sei es von zentraler Bedeutung, dass die Planung unter Beachtung der Sichtachsenbeziehungen erfolgt, argumentiert die SGD.
Es gibt zwar (noch) keine konkreten Aussagen von Icomos zur Welterbeverträglichkeit von Windkraftanlagen im Mittelrheintal, aber die SGD ist sich sicher: "Nur wenn alle Beteiligten in der Region sich auf einen gegenüber dem jetzigen Flächennutzungsplaenentwurf abgespeckten Vorschlag einigen können und dies Bestandteil einer gesteuerten Planung mit Solidarpakt wird, können Icomos und Unesco überzeugt werden."
Die SGD Nord habe immer für eine solche Lösung geworben und wird sich für einen solchen Kompromiss einsetzen.