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Channel: Nachrichten aus der Rhein-Lahn-Zeitung Bad Ems und Lahnstein
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Von Scheuern nach Hadamar: Brutaler Mord statt "schöner Tod"

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Die Gruppe um Matthias Metzmacher, Pfarrer für gesellschaftliche Verantwortung der evangelischen Kirche Rhein-Lahn, und Eckhard Bahlmann, Pfarrer und Direktor der Stiftung Scheuern, informierte sich über Opfer, Hintergründe und Orte des nationalsozialistischen Gewaltregimes und hielt die Erinnerung an die Ermordeten wach. Ausgehend vom Mahnmal der Stiftung Scheuern, das vor 13 Jahren unter dem Motto "Vergiss mich nicht und komm" errichtet wurde, stellte Direktor Bahlmann insbesondere die Geschicke der fast 1500 Menschen dar, die in den Jahren 1941 bis 1945 aus Scheuern deportiert wurden bzw. für die die Stiftung damals eine sogenannte Zwischenstation auf ihrem Weg in den Tod war. Dieser Tod, so Bahlmann, sei mitnichten der "schöne Tod" - was die Bedeutung des Wortes Euthanasie ist - gewesen. Vielmehr war es brutaler Mord. Die Menschen mit Behinderung, die von der Scheuerner Anstalt aus nach Hadamar gebracht und dort vergast wurden, spürten sehr genau, was sie erwartete. Das belegen nicht nur die Briefe, die sie damals hinterließen und die das Scheuerner Mahnmal wieder aufgreift.

Die Gruppe konnte bei dem anschließenden Besuch in Hadamar intensive Eindrücke davon mitnehmen, wie grauenvoll die Vorgänge im Keller der damaligen Landesheilanstalt gewesen sein müssen. Der Auskleideraum, die Gaskammer, die Schleifbahn für die Leichen, die Krematoriumsöfen, ein Seziertisch sind noch zu sehen. Keine gute Erinnerung, aber mehr als wichtig: "Wir dürfen die Opfer nicht vergessen, sonst kann es wieder passieren." Darin waren sich alle Mitreisenden - überwiegend Menschen, die selbst noch in Kindertagen die nationalsozialistische Herrschaft erlebt hatten - und die beiden begleitenden Pfarrer Metzmacher und Bahlmann einig.

Auch die 55-jährige Ingelore R., die in der Stiftung Scheuern lebt, selbst eine Frau mit Behinderung, setzte sich mit der Vergangenheit auseinander: "Wir haben in die Gaskammer und ins Krematorium geschaut. Da unten im Keller stand noch der Tisch, wo sie die Leute draufgelegt und die Organe entnommen haben. Ich bekam keine Luft mehr und musste rausgehen. In der Busgarage waren wir auch. Die sieht aus wie eine alte Brettergarage und ist so groß, dass etwa drei Busse reingingen. Da hingen Bilder von den Menschen, denen sie gesagt haben, ihr geht mal unter die Dusche. Doch dann hat man sie umgebracht. Es war furchtbar zu hören und zu sehen, was sie damals mit den Menschen gemacht haben. Das war eine schlimme Zeit. Ich wünsche mir, dass so was nie mehr passiert."

Manuela Nörtershäuser


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